12 Jan., 2022
Das vorletzte in öffentlicher Hand befindliche Dekontaminations-Mehrzweckfahrzeug in Schleswig-Holstein hat sich in den Ruhestand verabschiedet. Es wurde Anfang November von seinem neuen Besitzer, einem Sammler von alten LKWs, mittels Tieflader an der FTZ Elmenhorst abgeholt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) beschaffte ab Mitte der 70ger Jahre insgesamt 229 Fahrzeuge dieses Typs. An den Kreis Herzogtum Lauenburg gingen davon 2 Stück. Die Dekontaminationsmehrzweckfahrzeuge waren primär auf den Einsatz im Verteidigungsfalle mit ABC-Kampfmittelgebrauch konzipiert, sekundär auf den Einsatz bei Gefahrgutunfällen und Unfälle mit radioaktivem Material. Die Aufgabe hierbei bestand im Aufbau und dem Betrieb eines Dekontaminationsplatzes. An diesem sollten sowohl Personen als auch Geräte dekontaminiert werden. Da die Dekontamination viel Wasser erforderte, wurde der Einsatz im Verbund mit einem Wassertankwagen empfohlen. Nach Ende des Kalten Krieges wurde das Konzept abgeändert, wobei der primäre Einsatzbereich nun bei den Gefahrgutunfällen lag. Aufgrund dieser Änderung wurden seit 1998 die Nachfolger der DMF, die GW Dekon P beschafft. Dieses Fahrzeug steht an der FTZ in Elmenhorst. Die DMF waren auf einem MAN 13.168 HA von den Odenwaldwerken ausgebaut worden. 170 PS 13t Gesamtgewicht erwiesen der Besatzung auf 7,90m Länge ganze Power. Auf dem Fahrzeug war nur wenig feuerwehrtechnische Beladung zu finden. Hierzu gehörte beispielsweise ein Schaumstrahlrohr, mit dem während der Fahrt eine rückseitige Abgabe von Schaum und Wasser möglich war. Weiterhin verfügte es über eine Trommelwinde mit einer Zugkraft von fünf Tonnen. Zu der umfangreichen Ausstattung zum Aufbau und Betrieb des Dekontaminationsplatzes gehörten unter anderem zwei Umkleidezelte sowie ein Duschzelt, zwei Tragkraftspritzen, Wasserfaltbecken sowie Wannen zum Auffangen des kontaminierten Wassers. Ein Edelstahltank wurde darin verbaut, der über einen Durchlauferhitzer verfügte. Bereits während der Anfahrt zum Einsatzort konnte ein Stromerzeuger in Betrieb genommen werden und somit Wasser erhitzt werden. Im Heckbereich wurde eine Einrichtung zum Streuen von Chlorkalk sowie eine wassersprühende Armatur verbaut. Diese waren für die Dekontamination von Flächen konzipiert. Jeder unserer Kameraden, die das DMF fahren konnten, die Betonung liegt hier wirklich auf Fahren konnten, erfreuten sich am Fahren mit dem DMF. Das Getriebe war nur mit Zwischenschalten und -kuppeln zu bändigen. Der Sound beim Fahren einmalig. Die Motorbremse erschreckte an jeder Ampel und an jedem Fußweg Passanten. In den letzten Jahren besuchten wir diverse Oldtimerausstellungen in Schleswig-Holstein und waren eines der Highlights. Seinen letzten Einsatz hatte das DMF beim Elbe-Hochwasser 2013. Dort konnten wir mit der verbauten Heizungsanlage unsere Zelte warm und trocken halten. Nun ging eine Ära zu Ende. Im letzten Jahr bekam das DMF keinen TÜV mehr, zu groß waren die Instandhaltungskosten. Wir hatten uns schweren Herzens mit dem KFV und der Kreisverwaltung entschlossen, das DMF über die VEBEG, in der Hoffnung ein Liebhaber ersteigert das DMF, zu veräußern. So kam es dann auch. Per Tieflader trat das DMF seine Reise zu seiner neuen Heimat an. Es ging in den Ort Fellerdilln nach Hessen. Dort wartet bereits eine der 229 Schwestern auf unser DMF. Im neuen Zuhause angekommen wurde das DMF erstmal einer Wäsche unterzogen und dann neben ihrer Schwester aus dem Lahn-Dill-Kreis abgestellt. Wir stehen mit dem Käufer des DMF in Kontakt, um uns fortlaufend nach unserer Oma zu erkundigen.